Das Schutzreservat in Chile


Diktator Pinochet, Retter der Chinchillas?

Oft ist in der Literatur über Chinchillas zu lesen, dass sich seit dem Jahr 1974 die chilenische Regierung "intensiv um den Schutz der Chinchillas kümmerte."
Die Jahreszahl lässt aufhorchen, denn zu der Zeit war der chilenische Diktator Pinochet an der Macht.

Augusto Pinochet ließ im September 1973 als General und Oberbefehlshaber der chilenischen Armee den Präsidenten Salvadore Allende ermorden. 16 Jahre lang stand Chile anschließend unter seiner Diktatur, etwa 80.000 Menschen wurden gefoltert oder ermordet (die Gesamtbevölkerung betrug rund 2 Millionen.) Die Inflationsrate stieg auf 80 Prozent. Die Wirtschaft endete im völligen Chaos, weshalb Pinochet einen Großteil seiner Anhänger verlor.

1989 gab es erstmals wieder freie Wahlen. 1998 wurde Pinochet vor den internationalen Strafgerichtshof gestellt, doch es kam zu keiner Verurteilung mehr wegen seines hohen Alters und der labilen Gesundheit. Konnte dieser Mann seine plötzliche Liebe zu den Chinchillas entdeckt haben?

Im Jahr 1974 begann die chilenische Regierung ein Schutzreservat für die letzten lebenden Chinchillas zu errichten, wie in der Literatur ganz richtig zu lesen ist, allerdings ist die Motivation höchst zweifelhaft. „Sie begann ...“ lässt sich ironisch sagen. Denn bis zur Vollendung vergingen zehn Jahre.

Nach der Wiederentdeckung des Langschwanz-Chinchillas Anfang der siebziger Jahre kam die chilenische Militärregierung nicht umhin, den Chinchillas durch internationalen Druck von Tierschützern ein wenig Aufmerksamkeit zu zollen, zumal man im Ausland um ein ehrenwertes Ansehen bemüht war.

1974 untersuchte die Forstbehörde Chiles zunächst die Chinchilla-Population. Danach vergingen fünf Jahre, bis man Beamte vollamtlich mit dem Schutz der Chinchillas beauftragte, und zwar zwei Beamte! Verständlich, dass die beiden mit der Verwaltung eines 4.200 Hektar großen Grundstücks überfordert waren.

Zunächst aber erfolgte ein langwieriger Landrückkauf von den ansässigen Bauern und überhaupt erst einmal die Klärung der Besitzansprüche. Das zog sich weitere fünf Jahre hin.

Im Jahr 1984 wurde dann endlich das „Reserva Nacional Las Chinchillas“ eingeweiht. Die Buchautorin Sabine Cremer ("Das große Chinchilla-Handbuch") berichtete mir darüber Näheres:

"Das Chinchillareservat gehört trotz der für deutsche Verhältnisse enormen Ausmaße zu den kleinsten Reservaten des Landes. Ganze vier Mitarbeiter der CONAF (die chilenische Nationalparkbehörde) kümmern sich um die Reservatsbesucher und bessern die Anlage aus.
Öffentliche Verkehrsmittel halten nur auf Anfrage vor dem Reservat. Sofern sich Besucher über Nacht im Reservat aufhalten, zieht man sogar das Wachpersonal ab, da mit einem oder mehreren Besuchern das Gelände ausreichend vor Dieben abgesichert ist. Sicher gibt Ihnen das einen Einblick in die Wichtigkeit, die man dem Schutz der Chinchillas angedeihen lässt ...“

Heute unterstützt der World Wild Fund (WWF) das Reservat. Doch dem Diktator Pinochet sei hiermit eine unverdiente Ehre wieder genommen.



Foto Fabienne Knoll

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